Ülkü Süngün
*1970 in Istanbul
lebt in Stuttgart
2012 | Studium der Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Werner Pokorny, Udo Koch und Felix Ensslin (Abschluss Diplom Freie Kunst) |
1999-2003, 2010 |
Verfahrenstechnik-Ingenieurin in der Entwicklung bei United Technologies Research Center GmbH, Aachen, und Lufttechnische Gesellschaft AG, Stuttgart |
1991-1998 | Studium der Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld, Imperial College of London und an der Rheinisch Westfälischen Technische Hochschule Aachen (Abschluss Diplom) |
1989-1990 | Studium des Chemieingenieurwesens an der Universität Istanbul |
2021 | #take care Fond DaKu Residency |
2020 | 10 qm / Corona Katalyse, Landeshauptstadt Stuttgart Atelierstipendium Künstlerhaus Stuttgart Ifa-Ausstellungsförderung Tiflis |
2019 | Reisestipendium IFA (für Einzelausstellungsvorbereitung in Tiflis) Residency 2019 im Zeitraumexit e.V., Mannheim Nominierung für den Landeslehrpreis Baden-Württemberg seitens der ABK Stuttgart Atelierstipendium Künstlerhaus Stuttgart |
2018 | Atelierstipendium Künstlerhaus Stuttgart Förderkoje Preis der Freunde der ABK Stuttgart zum Rundgang für mitteperformance_camping |
2017-2019 | Brigitte-Schlieben-Lange-Programm Stipendium für künstlerisches Vorhaben, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Shortlist Stiftungspreis für Fotografie, Stiftung Alison und Peter W. Klein, Eberdingen-Nussdorf |
2015-2018 | Mathilde-Planck-Lehrauftragsprogramm Förderung, Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg |
2014 | Förderung durch das Debutanten-Programm (vergleichbar Meisterschüler*in) der ABK Stuttgart und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg |
2011 | 1. Preis des Gedenksteinprojektes zu Deportation vom Killesbergpark, Stuttgart. Eingeweiht am 26.4.2013 |
2021 | Anlatsam Roman Olur – Die besten Romane schreibt das Leben, Contemporary Art Gallery, Historical Museum Tiflis |
2020 | Gemeingut Jungbusch, Zeitraumexit e.V., Mannheim |
2019 | Cruising, Nachtwandel Festival, Zeitraumexit e.V., Mannheim |
2015 | Anlatsam Roman Olur – Die besten Romane schreibt das Leben, Villa Merkel / Bahnwärterhaus, Galerie der Stadt Esslingen |
2021-2022 | Kubus. Sparda-Kunstpreis, Kunstmuseum Stuttgart Offener Prozeß, ASA FF e.V., Chemnitz eMotions, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart Technoseum, Mannheim Spielart Festval 2021, München Kunstverein Neuhausen Clinch Festival, Hannover Impulse Festival, Köln, Düsseldorf, Mülheim an der Ruhr |
2020 | IMPLANTIEREN Festival 2020- site specific performance festival, Frankfurt, Darmstadt, Offenbach |
2019 | Çevirmek-Übersetzen, Festival Wochenende, Zeitraumexit e.V., Mannheim |
2018 | NSU Tribunal Mannheim, Kunsthalle Mannheim Körper. Poetik. Performance, Symposium, ABK Stuttgart Ch[a]rita, Dar Bellarj und Le 18, Marrakech New Narratives 2: Ökonomien anders denken, Kunstgebäude Stuttgart |
2017 | BAZAR, Zeitraumexit e.V., Mannheim Supercopy, Port 25, Mannheim Open Minded, Kunstwerk, Sammlung Alison und Peter W. Klein, Eberdingen-Nussdorf |
2016 | Geschlechter. Rollen. Identitäten//Genre(s). Rôle(s). Identité(s), Le 18, Marrakesch Du und Ich, Hospitalhof Stuttgart Crossing Media: Good Space-politische, ästhetische und urbane Räume, Villa Merkel, Galerie der Stadt Esslingen |
2015 | Ich bin da. Künstlerische Perspektiven zum Thema Flucht, ehemaliges Kloster St. Klara, Regensburg |
2014 | #10: Ankommen, Kunstwerk, Sammlung Alison und Peter W. Klein, Eberdigen-Nussdorf Über die Grenze und trotzdem begrenzt – Asyl in Kirchheim, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart, Städtische Galerie im Kornhaus, Kirchheim/Teck |
2013 | no place to hide: Ort Kontrolle Produktioen, Agentur für Arbeit, Stuttgart Gedenkort für deportierte Juden und Jüdinnen am Killesbergpark (Erinnerungskörper) |
2011 | Wie geht’s dir Stuttgart? / Stuttgart, how are you doing?, Künstlerhaus Stuttgart |
Ülkü Süngün versteht sich als Künstlerin mit politischem Auftrag. Sie greift in unterschiedlichen Medien wie Fotografie, Skulptur, Installation und Lecture Performance Themen zu Migration und Identitätspolitiken in Deutschland auf. Die Künstlerin deckt mit ihren Arbeiten, die einen dokumentarischen Charakter haben, Vorurteile auf und setzt durch ihre künstlerischen Forschungen entscheidende Impulse zu diesen Themen.
Anlatsam Roman Olur / Die besten Romane schreibt das Leben
»Lauter Steine« und »Lacrimarium Europae« sind Teile der Werkgruppe »Anlatsam Roman Olur / Die besten Romane schreibt das Leben«, die von den Lebensumständen und Ängsten geflüchteter Menschen in Deutschland erzählt. Der inszenierte Fotoroman »Lauter Steine« beschreibt den Alltag des georgischen Steinmetzes Sergio Pipa und seiner schwer kranken Frau Marina Tsertsvadze, die in einer Asylunterkunft leben. Sergio bearbeitet Steine aus der Lauter, die er auf Märkten verkauft, um die medizinische Behandlung seiner Partnerin zu finanzieren. Ihre Hoffnung auf eine Therapie für Marina scheiterten aber an den geltenden Asylbestimmungen und sie verlassen Deutschland wieder. An dieser Stelle kippt die dokumentarisch-realistische Erzählstruktur ins Absurd-Fiktive: Mithilfe einer magischen feile verwandelt er seine Frau in ein Steinobjekt und reist mit ihr im Koffer zurück nach Georgien. Weitere Recherchen von Ülkü Süngün zum Thema Asyl fließen in die Installation »Lacrimarium Europae« ein. Verschiedene Objekte, Bilder und Dokumente verweisen auf Handlungsstrategien von Migrant:innen, die eine drohende Abschiebung abwenden bzw. positiv auf ein offenes Asylverfahren einwirken sollen.
Gemeingut Jungbusch
Die Videoinstallation »Gemeingut Jungbusch« entstand im Jahr 2020 in Mannheim. Im migrantisch geprägten Stadtteil Jungbusch forschte die Künstlerin in erster Linie zu der Rolle von Kultureinrichtungen. Daneben spielen Themen wie Gentrifizierung und fehlende politische Teilhabe eine große Rolle. Am Ende des Projektes präsentierte sie die Ergebnisse ihrer Recherche in Workshops, Tagungen und einer Ausstellung der Öffentlichkeit. Die Kurzfilme und Musikvideos, die in diesem Kontext entstanden sind, spiegeln die Bedingungen, unter denen die Menschen im Quartier Jungbusch leben.
Takdir. Die Anerkennung
Hintergrund der performativen Arbeit »Takdir. Die Anerkennung« sind die zwischen 2000 und 2006 verübten rassistisch motivierten Morde der rechtsextremen Terrorgruppe NSU. Während die Täter vielen mit Namen bekannt sind, kennt kaum jemand die der Opfer, die einen migrantischen Hintergrund haben. Dies führt Ülkü Süngün auf eine täterorientierte Berichterstattung zurück, die Einfluss auf unsere Erinnerungskultur hat. Deshalb bringt sie den Teilnehmenden ihrer Performance zunächst den Klang einzelner Buchstaben und im Anschluss die korrekte Aussprache der Namen der zehn Ermordeten bei: Enver Şimsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter. Mit dem kollektiven Wiederholen der Namen entsteht eine gemeinsame Erinnerung, in der sich Anerkennung und Wertschätzung ausdrückt.
Das Benennen
Ülkü Süngün untersucht immer wieder die Bedeutung und Funktion von Eigennamen. Deren richtige Artikulation trägt dazu bei, dass Menschen sich wahrgenommen und in der Gesellschaft beachtet fühlen. Meist sind es Migrant:innen, die auf die korrekte Aussprache ihres Namens hinweisen müssen oder sich damit abfinden, dass er falsch wiedergeben wird. Manche nehmen deshalb sogar einen anderen Namen an. Die Soundinstallation »Das Benennen« macht die Besucher:innen auf die zahlreichen Möglichkeiten aufmerksam, den Vornamen »Evein« falsch auszusprechen. Diese kulturelle Differenz greift die Künstlerin mit dem Motiv der roten Äpfel, einer noch namenlosen neuen Sorte, auf. Sie soll auf Initiative von Ülkü Süngün und Obstzüchter:innen vom Bodensee nach Prüfung durch das Bundessortenamt »Ivie« heißen, nach dem gleichnamigen roten Haarschmuck aus Nigeria.


Transitional Objects
In der Fotoserie der »Transitional Objects« geht Ülkü Süngün aus ihrer persönlichen Perspektive der Frage, was kulturelle Identität und Heimat ausmacht. In türkischen Geschäften in Stuttgart findet sie Gegenstände, die für sie alltäglich sind, die viele Deutsche jedoch nicht kennen. Sie löst die Gegenstände aus ihrem Kontext und macht sie zum Material ihrer plastischen Arrangements, die nur als Fotografie überdauern. Diese berichten von in Deutschland gelebter türkischer Kultur, die jedoch nur jene entziffern können, die mit den Objekten und ihrer ursprünglichen Funktion vertraut sind.